Bunte Stühle

Andacht für das Langenhagener ECHO am 23.07.16 von Pastor Rainer Müller-Jödicke

So viele verschiedene Stühle? Das wirkt so bunt und durcheinander! Ich war überrascht, als ich kürzlich in der Melanchthonkirche in Hannovers Südstadt war. In unserer Engelbosteler Kirche haben wir ja noch barocke Sitzbänke, die etwas steil sind und nicht umgestellt werden können. Die Paulusgemeinde in Langenhagen hat hingegen bequeme und leichte Stühle in ihrer modernen Kirche stehen, aus denen auch ein Sitzkreis gebaut werden könnte.

In der Melanchthonkirche aber steht ein ganzes Sammelsurium an bunten Stühlen. Alle sehen schon etwas in die Jahre gekommen aus, manche haben Schrammen davon getragen. Vor allem aber sieht jeder anders aus: Der grüne Holzstuhl passt gut in eine Küche der siebziger Jahre, der Rattenstuhl stand mal in einem Wintergarten und der schwedische Schwingsessel in einer gemütlichen Sitzecke. Und all diese Stühle stehen nun sorgfältig aufgereiht in einem Gottesdienstraum.

Vor ein paar Jahren nämlich wurde die Kirche aufwändig saniert: Ausgestattet mit der neusten Technik ist die Kirche licht und hell geworden, alles auf das beeindruckende Kreuz über dem Altar ausgerichtet. Doch am Ende reichte das Geld nicht mehr für neue Stühle. Der Kirchenvorstand rief zu weiteren Spenden auf und reagierte vorübergehen pragmatisch: Die Gemeindeglieder sollten einen ausrangierten Stuhl mitbringen.

Und nun sitzen sie da bei Andacht und Gebet, jede und jeder auf einem anderen Stuhl. Wer kommt, sitzt ja sowieso auf seiner eigenen Geschichte. Hier und da gibt es auch im Lebenslauf Schrammen, an manchen Stelle ist sogar der Lack ab oder es quietscht. Aber der Blick ist bei allen nach vorn gerichtet – auf das Kreuz, das da im Licht erstrahlt! Denn wie auch immer wir auf Jesus schauen und was wir mitbringen: Jesus leuchtet uns an und gibt uns Kraft!

Die Renovierung ist schon einige Jahre her, die Stühle stehen immer noch da. Die Gemeinde hat dieses Provisorium so lieb gewonnen, dass sie daran festhalten. Die Spendengelder geben sie lieber an ein anderes Projekt weiter.

Zurück